Lüneburger Heide

Die Landschaft für Träumer

Die Lüneburger Heide ist wieder in. Immer mehr junge Wanderer und naturhungrige Städter entdecken diese in Europa einmalige Kulturlandschaft für eine kurze Auszeit. Ab August zeigen sich die Flächen als hellviolettes Blütenmeer von ihrer schönsten Seite.

Von Christian Leetz

Der Blick vom Wilseder Berg geht weit in alle Richtungen. Nur 169 Meter ist der „Heide-Himalaya“ hoch – und trotzdem die höchste Erhebung der norddeutschen Tiefebene. Im Norden zacken sich hinten am Horizont Hamburgs Kirchtürme in den Himmel. Davor Wald soweit das Auge reicht. Im Südosten die seicht geschwungene Heidelandschaft als ein hellviolettes Blütenmeer. Besen- und Glockenheide, Wacholder, dazwischen einzelne Bäume. Im Westen wieder nichts als dichter Wald. Dieses ganze Land, durchzogen von sandigen Wegen. Darauf: Hufzeichen, Kutschenspuren und Abdrücke von Wanderstiefeln. Keine Autos. Weder zu hören. Noch zu sehen. Die totale Ruhe für Wanderer, die hier entweder den Heidschnuckenweg gehen oder auf dem Jakobsweg auf Sinnsuche sind. Und „am Horizonte Hirten, die im Heidekraut sich strecken, und mit des Aves Melodie, träumende Lüfte wecken“, schrieb Annette von Droste-Hülshoff 1844 über die Lüneburger Heide.

Eigentlich ist es aus der Mode, klassische Gedichte zur Beschreibung einer Landschaft im Heute zu bemühen. Aber hier passt es! Nicht nur, weil die Schäfer nach wie vor da sind, um mit ihren gut 10.000 Heidschnucken die geschützten Flächen vor dem Zuwachsen zu schützen. Auch, weil die Lüneburger Heide schon damals ein Sehnsuchtsort war. Und das ist die größte zusammenhängende Heidefläche Europas mit ihren 230 Quadratkilometern, gelegen zwischen Hannover, Bremen und Hamburg, heute noch viel mehr. Denn für Städter ist die Natur „geradezu eine ständige Sehnsuchtsfolie“, sagt der Wiener Zukunftsforscher Andreas Reiter und verweist auf das Imitieren von Naturräumen im Miniaturformat auf Millionen deutscher Balkone.

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In die Lüneburger Heide ist die Natur „unser Kernprodukt“, sagt Ulrich von dem Bruch. Der Chef der Lüneburger Heide GmbH ist für den touristischen Erfolg der Region verantwortlich. Und sie ist sehr erfolgreich.

Auf 7,5 Millionen Übernachtungen brachten es die Hotels, Pensionen und Zeltplätze zusammen 2016 – zwei Millionen mehr als noch vor neun Jahren. Der Durchschnittsgast ist 48 Jahre jung. Das Roy-Black-Image aus den 70er Jahren ist Geschichte. Die Lüneburger Heide ist im Social-Web eine der aktivsten Tourismusregionen Deutschlands und mehrfach für ihr digitales Marketing ausgezeichnet. Verschiedene Zielgruppen werden parallel bedient „und über die passenden Kanäle in ihrer typisch eigenen Sprache erreicht“, erklärt von dem Bruch das Konzept.

Für Naturliebhaber gibt es Angebote und passende Hotels in der Heide, Actionliebhaber und Familien finden 14 Erlebnis- und Freizeitparks, und Städtereisende kommen nach Celle und Lüneburg. Doch der Star ist und bleibt die Ruhe und die Natur. Wegen ihr kommen die meisten Gäste. Wegen ihrer Unberührtheit haben sich aber auch Firmen wie Apollinaris hier Förderrechte gesichert, um das bekannte Wasser „Vio“ abzufüllen. 270 Millionen Liter jährlich. Am schönsten ist die Heidelandschaft im August und September, wenn alles blüht. Dann sind auch die anderen Naturräume des Gebiets gut besucht. Wie das Pietzmoor.

Der Wind kräuselt das Wasser. Baumstümpfe ragen aus pechschwarzen Seen, die selbst ein blauer Himmel nicht zerbricht. Am Rand blüht als weißer Wattebausch das Wollgras. Gänse rufen. Ein Kuckuck. Kraniche landen.

Das alles, diese Natur, war schon hier, bevor Menschen den Weg aus Holzplanken durchs Pietzmoor legten. Bevor die Torfstecher kamen, um die hier teils sechs Meter dicke, 6000 Jahre alte Torfschicht abzubauen. Und bevor sich die ersten Wanderer fragten, wie viele hier im Morast wohl auf Nimmerwiedersehen versunken sind.

Das Moor ist neben der Heide ein weiteres Naturereignis – und ein kontrastreiches dazu. Nicht die rund 160 Tier- und Pflanzenarten der Nord- und Südheide leben dort, sondern nur wenige Spezialisten wie Libellen, Moorfrösche und Birkhühner, die mit der sauren Umgebung und wenig Sauerstoff im Wasser zurechtkommen. Nicht zu vergessen: die Moorschnucke. Diese geschützte Schafsart ist zwar verwandt mit den Heidschnucken, schafft es aber, sich beim Weiden selbst aus den Moorlöchern zu befreien.

Auch wegen dieses Spezialisten-Daseins landet sie nicht wie die Heidschnucken als Spezialität auf dem Teller. Denn wenn man als Gast in der Heide eines probieren muss, dann ist es der Heidschnuckenbraten in kräftiger Rotweinsoße an Heidekartoffeln und grünen Bohnen. Ein Genuss, der in vielen Restaurants und Hotels, oft in typisch alten Fachwerkhäusern aus rotem Backstein und mit Reetdach, auf der Speisekarte steht.

Mehr Informationen

Lüneburger Heide GmbH
Telefon 0700 / 20 99 30 99
www.lueneburger-heide.de

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